Tief unter den Weinbergen des Ahrtals zwischen Ahrweiler und Dernau liegt versteckt das ehemals geheimste Bauwerk in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland – der Regierungsbunker.
Eingebaut in zwei ehemalige Eisentunnel einer strategischen Eisenbahnlinie erfolgte unter der Federführung des Bundesinnenministeriums zwischen 1962 und 1971 der Ausbau zum Regierungsbunker. Die Planungen reichen bis in das Jahr 1950 zurück: der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer gab am 19. Januar 1962 den Startschuss zur Realisierung des Regierungsbunkers, denn nach dem Beitritt zur Nato 1955 war ein „Ausweichsitz“ für die Regierung obligat.
Unter dem Namen „Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes im Krisen- und Verteidigungsfall zur Wahrung von deren Funktionstüchtigkeit“ entstand 110 m unter Wald und Weinbergen eine gigantische Stadt im Berg von fast 20 km Größe mit 83.000 Quadratmetern Nutzfläche. Ausgestattet mit fünf autarken Bauteilen, 897 Büro- und Technikräumen, 936 Schlafräumen, einem Friseursalon, Fernschreibzentren und einen Hörfunk- und Fernsehstudios owie Krankenhäusern und Zahnarztbehandlung sollten hier 3000 Regierungsmitglieder im Ernstfall die Regierung aufrechterhalten können.
Alle zwei Jahre fanden ab 1966 sogenannte Nato-Stabsrahmen-Übungen – Fallex, Wintex/Cimex statt, in denen sich die Regierung mit Aufgaben wie der Koordination des Krisenmanagements, der Realisierung der Notstandsplanung und der Versorgungssicherstellung im Spannungs- und Verteidigungsfall vertraut machten.
In Vertretung des Bundeskanzlers leitete der sogenannte „Bundeskanzler üb“ übungshalber die Regierungsgeschäfte im geprobten Kriegsfall. 1989 war das letzte Nato Manöver ohne tatsächliche Truppenbewegungen im Regierungsbunker.
Erst 1997, acht Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, entschied das Bundeskabinett die Anlage aus der Zeit des Kalten Krieges aufzugeben. Nachdem Vermietung und Verkauf der unterirdischen Kommandozentrale nicht zu Stande kam, erfolgte der Rückbau des Regierungsbunkers. Von 2001-2006 wurde sowohl die Außengebäude, wie das Antennenfeld und die Lüftungsbauwerke, als auch die Tunnel im Inneren, entkernt. Lediglich ein Teilstück wurde als Dokumentationsstätte Regierungsbunker im Originalzustand erhalten und gibt seit 2008 seine ehemals streng geheime Geschichte preis. Die Trägerschaft obliegt dem gemeinnützigen Heimatverein „Alt-Ahrweiler“.
Der Verein hat hiermit eine einzigartige Aufgabe übernommen. Die Betreuung einer historisch bedeutsamen Anlage, wie dem Regierungsbunker, die noch im Besitz des Bundes ist, bedeutet Herausforderung, Verantwortung und Engagement zugleich. Das Museum fand vom Tag seiner Eröffnung großen Publikumszuspruch. Die Besucher kommen aus der ganzen Welt, alle Altersklassen sind vertreten. Eine besondere Betreuung erfahren Schulklassen, die den Kalten Krieg nur aus ihren Geschichtsbüchern kennen und denen hier Geschichte auf anschauliche Art und Weise vermittelt wird.
Am 17. November 2008 besichtigte Bundespräsident Horst Köhler die Dokumentationsstätte Regierungsbunker. Der damalige Bundespräsident hielt nach seinem Besuch fest, dass es wichtig gewesen sei, „dass der zum Museum umgebaute Bunker als mahnendes Zeichen, der Nachwelt erhalten bleibe, denn er zeige, wie irrsinnig der Atomkrieg gewesen wäre“.
Im Juni 2009 wurde der ehemalige Regierungsbunker mit dem Preis der Europäischen Union für das Kulturerbe, dem „Europa Nostra Award“, ausgezeichnet. Zum ersten Mal wurde damit ein Atomschutzbunker in die Riege der europäischen Kulturgüter aufgenommen. Im Herbst 2015 wird der 600.000 Besucher erwartet. Niemand hat im Vorfeld geahnt, wie groß das Interesse an diesem einzigartigen Bauwerk des Kalten Krieges sein würde, das Schauplatz der gegenseitigen Abschreckung der Atommächte in Ost und West war.
Weitere Informationen zur Besichtigung unter www.dokumentationsstaette-regierungsbunker.eu